Steuern sind Voraussetzung für gesellschaftlichen Wohlstand und die Finanzierung von Infrastrukturen im Interesse der Allgemeinheit. Als gewählte KommunalpolitikerInnen tragen wir die Verantwortung für die Verwendung der Steuern, die unsere BürgerInnen zahlen. Leider wird uns die Wahrnehmung dieser Aufgabe immer mehr erschwert, weil der steuerfinanzierte Sozialstaat von denen unterminiert wird, die Steuerschlupflöcher nutzen. Multinationale Unternehmen manipulieren systematisch ihre Bilanzen und können so Gewinne in Steuerparadiese transferieren.
Während Kommunen, Regionen und Staaten unter der Wirtschaftskrise leiden, fließen Unmengen von Geld in Steuerparadiese. Insgesamt 21-32 Billionen Dollar sind in Steuerparadiesen versteckt. In der Europäischen Union beläuft sich die Summe, die jährlich durch Steuerhinterziehung und Steuervermeidung verloren geht, auf 1 Billion Euro – mehr als das, was sämtliche EU-Mitgliedstaaten zusammengenommen für ihr Gesundheitswesen ausgeben. Die Steuereinnahmen, die armen Ländern verloren gehen, übersteigen die Gesamtsumme, die pro Jahr weltweit für die Entwicklungshilfe aufgewendet wird. Diese weit verbreitete Steuerflucht ist nur möglich, weil die staatlichen Institutionen den Steuervermeidungsstrategien der globalisierten Wirtschaft nicht mehr gewachsen sind.
Wenn die in Steuerparadiesen versteckten Vermögen angemessen besteuert würden, dann gäbe es genügend Mittel für Investitionen in den Sozialstaat, in internationale Solidarität und in einen nachhaltigen Klimaschutz. Eine zivilisierte Gesellschaft mit steuerfinanzierten sozialen und sonstigen Infrastrukturen kommt uns allen zugute. Deshalb sollten auch alle ihren angemessenen Beitrag dazu leisten – auch die größten Unternehmen und Banken.
Die sozialen Bewegungen und andere zivilgesellschaftliche Organisationen haben erreicht, dass das Thema Steuerflucht inzwischen bei EU, OECD, G8 und G20 auf der Tagesordnung steht, doch der Abschluss neuer weltweiter Übereinkommen wird noch viel Zeit in Anspruch nehmen.
Als KommunalpolitikerInnen wollen wir deshalb verhindern, dass das Geld der SteuerzahlerInnen an Unternehmen, Banken oder Investmentfonds fließt, die Steuerparadiese nutzen. Zum Beispiel, indem wir dafür sorgen, dass die Daseinsvorsorge wieder von der öffentlichen Hand übernommen wird, oder durch Regelungen, die den Unternehmen eine nach Ländern aufgeschlüsselte Buchführung vorschreiben. Mittels einer entsprechenden Berichtspflicht könnte beurteilt werden, ob Bewerber um öffentliche Aufträge in jedem Land, in dem sie aktiv sind, auch angemessene Steuern zahlen. Seit 2010 haben französische Regionen damit begonnen, von den Banken, mit denen sie arbeiten, eine transparentere Rechnungslegung zu verlangen. In Schweden, Norwegen und Finnland haben Kommunen entschiedene Maßnahmen getroffen, um bei der Vergabe öffentlicher Aufträge für mehr Transparenz und eine verantwortungsvolle Steuerpraxis zu sorgen.
Kommunen, die von Bietern in öffentlichen Ausschreibungen verlangen, dass sie keine Steuerparadiese nutzen, stützen sich auf Rechtsgrundsätze zur Gewährleistung der Lauterkeit des Handelsverkehrs sowie von Transparenz und Gleichbehandlung. Denn Unternehmen, die Steuerparadiese nutzen, um weniger Steuern zu zahlen, können günstigere Gebote abgeben. Das verstößt gegen den Grundsatz der Chancengleichheit aller Bieter.
Es stellt ferner eine unfaire Benachteiligung rechtstreuer Kleinunternehmer und eine Wettbewerbsverzerrung dar.
Mit demokratischen Entscheidungen können wir die Steuergerechtigkeit fördern. Wir wollen:
- Zusammenarbeit und Transparenz – Schluss mit der Verschwiegenheit von Steuerparadiesen, manipulierten Unternehmensbilanzen und dem Wettlauf von Staaten um die niedrigsten Steuern!
- ein öffentliches Register der tatsächlichen Eigentümer von Unternehmen einschließlich aller Schattenstrukturen wie Trusts, Privatstiftungen und Scheinfirmen
- ein weltweites Übereinkommen zum automatischen Informationsaustausch zwischen Steuerbehörden
- eine Berichtspflicht für multinationale Unternehmen aller Branchen für jedes Land, in dem sie aktiv sind, damit ihre Steuerstrategien nachvollzogen werden können.
Wir fordern die PolitikerInnen auf der nationalen und internationalen Ebene auf, sich für einen neuen internationalen Rahmen einzusetzen, der durch Gewährleistung eines angemessenen Steueraufkommens die Existenz unserer lokalen Gemeinschaften sichern kann.
Heute können Kommunen in allen Ländern zusammenarbeiten und die Möglichkeiten der Gewährleistung von Steuergerechtigkeit nutzen, indem sie verhindern, dass Steuergelder an Unternehmen, Banken oder sonstige Finanzinstitute fließen, die Steuerparadiese nutzen, um sich ihrer Steuerpflicht zu entziehen.